Als Team gewachsen, aus der Oberliga-Relegation ausgeschieden – ein Drama in 5 Akten (mB)

Jun 24, 2023Allgemein, Jugend, Männliche B Jugend, Männliche Jugend

Akt 1: Die Exposition
Während viele Mannschaften nach der Saison in die wohl verdiente Pause gingen, hieß es für die es für die neue männliche B-Jugend nach den Osterferien: Vorbereitung auf die Oberliga-Relegation. „Projekt Oberliga“ war geboren. Die Herausforderung: Während der Jahrgang 2007 („alte“ B-Jugend) die Saison bereits vor den Osterferien beendete, ging die Saison für den Jahrgang 2008 („alte“ C-Jugend) noch bis Anfang Mai. Auf der einen Seite ging es für das „schwarze Rudel“ um die Meisterschaft in der Landesliga Süd, auf der anderen Seite um die Eingliederung in die neue B-Jugend und Vorbereitung auf die Oberliga-Relegation. Nicht einfach, aber dank der guten Zusammenarbeit von C- und B-Jugend konnte beides gemeistert werden. Auch wenn das „schwarze Rudel“ am Ende knapp die Meisterschaft gegen Garbsen verpasste, waren die Jungs von Trainerteam Wode/Triller in hervorragender Verfassung und sofort Feuer und Flamme für das „Projekt Oberliga“.
Mit Jannik Benic, Haakon Guittonnet, Till Gunkel und Kjell Wode liefen neben Paul Meyer (der sich die Position des Stammtorhüters der „alten“ B-Jugend erarbeitetet hatte und bereits fester Bestandteil des Kaders war) vier Spieler der C-Jugend regelmäßig im Trikot der B-Jugend auf. Dazu kamen mit Mikkel Friedrichs, Jan Hennecke, Noah Pöch und Torwart Fabi Triller (der auch schon einen B-Jugendeinsatz vorzuweisen hatte) vier weitere hungrige 2008er.
Und Jahrgang 2007? Hier warteten mit Felix Alsleben, Nils Juhle, Tobias Kreft, Ole Melzer, Bennett Rackwitz, Ilja Renner, Linus Schnabel, Linus Wode und Julian Wulf bereits Spieler mit der Erfahrung einer Oberliga-Saison sowie mit Leon Lind ein Torwart, der nach längerer Handballpause wieder angreifen will. Nils (MTV Rosdorf), Ole (HSG OHA) und Julian (Tuspo Weende) entschieden sich wie Mikkel (HSG Rhumetal) nach einer Saison mit Zweifachspielrecht sich komplett dem NHC anzuschließen. Los jetzt! „Projekt Oberliga“!
Ach so, das Trainerteam… Ronny Alsleben: Co-Trainer, der Organisator! Michael Meyer: Betreuer, der Macher! Arne Schlausch: Trainer/Projektleiter. Jana Wegner: Athletiktrainerin, die gute Seele mit der Langhantel! Sowie mit Unterstützung von Björn Wenderoth: Torwarttrainer, der Schleifer (ich habe selten Torhüter so leiden sehen!). Geiles Team und geil, wenn alle so sehr für die Sache brennen. „Projekt Oberliga“ ist also „gestaffed“. Projektziel: Klar, Oberliga! Projektmeilensteine: EIN Team werden, die ballseitige und antizipative 3:2:1-Abwehr, einen klar strukturierten Tempo- und Positionsangriff verinnerlichen. Projektzeitraum: Ca. 5 Wochen bis Relegation, 5 Wochen Relegation inkl. 4 Einzelspiel und ggf. Runde 2 in Turnierform. Projektbudget: Extrem viel Motivation und Energie.
Und schnell wurde klar: Die Jungs haben auch Bock! Eine überragende Trainingsbeteiligung und -bereitschaft sprachen eine eindeutige Sprache. Immer das Ziel vor Augen – und der Spruch in den Ohren „Ober – Liga“. Außerdem: Hier wuchs hier ein Team zusammen, in dem jeder jeden unterstützt. Gute Aktion: Abgeklatscht, angefeuert, „weiter so“, „gut so“. Schlechte Aktion? Gibt es nicht! Ok, Aktion mit Verbesserungspotential: Abgeklatscht, aufgebaut, „nächster sitzt“, „macht nichts“, abgehakt. Was darf in einer Vorbereitung nicht fehlen? Richtig, ein Trainingslager. Also hieß am 14./15. Mai: Leiden! 5 Einheiten: Angriff, Abwehr, Tempo, Athletik, Attacke. Und die Erkenntnis: Wir sind gut vorbereitet. Aggressive Abwehr, gutes Tempo, Zug zum Tor mit Blick für den Nebenmann. Relegation? Kann kommen!

Akt 2: Die Ernüchterung
Stöckheim? Kann kommen! Ach mist, wir müssen hin. Auswärtsspiel. Keine Schuhwallhalle, kein Harz, keine Ausreden! Das haben wir trainiert und besprochen. Dann die Ernüchterung. 10:2 hinten, kein Zugriff hinten, keine Gefahr vorne. Wir sind wie paralysiert, wir wollen, aber können nicht. Am Ende heißt es 38:23 und wir spielen richtig schlechten Handball. Das Problem bzw. die Herausforderung: In 2 Tagen kommt Anderten und die sind mindestens genauso so stark. „Projekt Oberliga“? Könnte in nur 2 Tagen vielleicht schon ausgeträumt sein.

Akt 3: Der Höhepunkt
Am Tag darauf heißt es nochmal: Lockeres Training und ENDLICH mit Harz bzw. „Patte“. Mit Patte haben wir zumindest immer eine Ausrede: Technischer Fehler oder Fehlwurf? Einfach ungläubig auf die Hände gucken. Eindeutig zu viel oder zu wenig Harz am Ball! Also nochmal passen, werfen mit einfacher Entscheidung. Spaß haben und danach Besprechung. Ich habe mir vorher Gedanken gemacht: Wie baust du die Jungs auf? Was sagst du? Erkenntnis aus der Trainingseinheit: Die Jungs hatten sich schon selbst aufgebaut, als Team. Viele Worte sind also nicht notwendig – auch wenn ich daran nicht gut bin. Anderten? Kann kommen! Und jetzt wirklich Zuhause. Schuhwallhalle, mit Harz, keine Ausreden (und schon gar nicht ob zu viel oder zu wenig Harz!)! Wir halten gut mit, 6:6, Zugriff hinten, vorne viel 1:1, aber mit Erfolg. Zur Pause 9:12, da ist noch alles drin. Wir brauchen nur mehr Torgefahr. Und die liefern wir in Halbzeit 2, insbesondere Julian spielt wie entfesselt, immer mit der richtigen Entscheidung: selbst, parallel, Kreis, RA-Pass, egal. 21:21 in Minute 41, wir sind dran! Minute 47, Tor für uns, wir gehen das erste Mal in Führung, 26:25. Aber Anderten hat erstaunlicherweise auch Bock zu gewinnen, geht wieder in Führung, 26:27, 48. Minute. Ilja gleicht aus, 27:27, 49. Minute. Und wir haben den Ball! Auszeit. Idee ist einfach: Julian breit, zur Hand, Nils kommt nicht zur Sperre vor, dann Entscheidung. Klappt aber nicht, Stoppfoul. Ilja gegen die Hand, klappt nicht, Stoppfoul. Ball schnell raus. Julian zur Hand, Abbruch (verrückt!, prellt, rechts, links, rechts (jetzt kein vierter Schritt!), Tor! 28:27, zurück! Noch 6 Sekunden. Ball bei uns. Sieg! Eskalation. Ronny schreibt später in unsere Trainer-Gruppe, dass wir insgesamt 44 Sekunden führen, davon die letzten 6 Sekunden – reicht.
Ein sensationelles Spiel, das zumindest mir als Trainer wenig Schlaf besorgt hat. Zu viel Adrenalin. Der Dank geht ans Publikum, an die A-Jugend, die uns zum Sieg gepeitscht hat. #Schuhwallhölle!!! „Projekt Oberliga“? Lebt.

Akt 4: Die Pflicht
Bis zum Spiel gegen Schaumburg sind es nun 1,5 Wochen. An Pfingsten müssen/dürfen die HVNB-Jungs zum Lehrgang. Fokus unserer Trainingseinheiten liegt auf Abwehr inkl. Videoanalyse vom Spiel gegen Anderten. Mehr Sicherung, mehr Antizipation. Immer Überzahl auf Ballseite, Unterzahl ballfern.
Im Spiel tun wir uns anfangs schwer. 4:4 nach 8 Minuten. Der Angriff läuft noch nicht. Zu viel Stückwerk. Wo ist auf Lücke und weiter? Aber wir werden besser, die Außen werden eingebunden. 3x Tillo, 2x Jannik, 1x Haakon, 1x Julian und wir liegen auf einmal 11:4 vorne. Zur Pause dann 14:8, aber Julian ist angeschlagen und wird in Halbzeit 2 nicht mehr eingesetzt werden. Wir schaffen es nicht den „Sack zuzumachen“, Schaumburg kommt sogar nochmal auf 3 Tore heran. Am Ende holen wir aber die Punkte (27:23) und Mikkel erkämpft sich sein erstes Tor für B-Jugend! Fazit: Unsere Idee ist in der Abwehr erkennbar. Vorne mit sehr viel Potential, sowohl im Tempo (das hatten wir fast gar nicht) als auch im Positionsangriff. Aber: „Projekt Oberliga“? Auf Kurs, zumindest auf Runde 2.

Akt 5: Die Enttäuschung
Jetzt also „nur noch“ HSC. Die haben gegen Stöckheim und Anderten hoch verloren. Wir brauchen „nur noch“ ein Unentschieden oder einen Sieg für Runde 2. Aber man merkt die Belastung der letzten Wochen. Julian, Ilja, Felix, alle leicht angeschlagen. Haakon und Kjell fehlen wegen eines Schüleraustausches – C’est la vie.
Die Jungs haben anscheinend das Spiel schon vorher gewonnen, wollen nach Abpfiff „Spitzenreiter“ rufen, weil wir das für 30 Minuten wären (bis Stöckheim gegen wahrscheinlich Schaumburg gewinnen wird). Ich spare mir meinen Kommentar dazu bis zur Kabinenansprache und die ist vermeintlich deutlich. Eines ist klar: Das wird ein Spiel auf Augenhöhe. Der Hannoversche SC hat einen breiten Kader und gegen uns sind alle da. Ohne Harz. Auswärts. Und schon liegen wir hinten. Alles Mahnen und Warnen hat nichts genützt. 11:7 nach 13 Minuten. Auszeit: Schnellerer Rückzug (wir kassieren 2-3 einfache Tore über die schnelle Mitte / 2. Welle), VM defensiver (wir geben zu viel Raum in der heißen Zone). Vorne mit Geduld im Positionsangriff und den Mut zum Tempospiel. Gesagt, getan. 13:13 und wir sind dran und voll im Spiel. Zur Halbzeit gehen wir sogar 2 Sekunden vor Schluss mit 17:18 in Führung. Aber das Spiel ist längst nicht durch, bleibt eng. Dann verabschiedet sich Felix für 4 Minuten, harte Entscheidung, aber unsere Emotionen müssen wir kontrollieren! 25:22 liegen wir hinten, durch Tore von Linus (Schnabel) und Julian kommen wir wieder ran. Wieder so ein Krimi wie gegen Anderten. 29:30, 47:13 gespielt. Das müssen wir doch jetzt irgendwie hinbekommen. Bekommen wir nicht, vorne sind wir platt und treffen falsche Entscheidungen. Hinten sind wir platt und es fehlen die letzten Zentimeter. Am Ende heißt es 32:30. Und „Projekt Oberliga“? Liegt nicht mehr in unserer Hand. Wir müssen auf Stöckheim (gegen Anderten) oder Schaumburg (gegen Anderten) hoffen. Und die Hoffnung wird nicht erfüllt. Anderten gewinnt beide Spiele und geht verdient als Gruppenerster direkt in die Oberliga. Stöckheim und HSC dürfen/müssen in Runde 2 ran und streiten mit Schwanewede und Nordhorn um den letzten Platz der Oberliga. „Projekt Oberliga“? Für uns vorzeitig geendet bzw. gecanceled worden, um in der Sprache zu bleiben.
Was bleibt, ist anfangs viel Enttäuschung. Wir haben extrem viel investiert, am Ende geht uns die Puste und wir leer aus. Bei allen Ausreden (wie z.B.: „Wir müssen auswärts nach Stöckheim und HSC, die beide OHNE Harz spielen; Anderten und Schaumburg spielen wir Zuhause, die MIT Harz spielen“), am Ende MÜSSEN wir einfach gegen HSC gewinnen und das haben wir nicht.
Was aber langsam kommt, ist die Erkenntnis: Es hat sich innerhalb von 10 Wochen ein sensationelles Team geformt, in dem jeder wichtig ist! Die Außen mit Linus W., Linus S., Jan, Jannik und Tillo, die zum Teil super in Szene (wird noch mehr!) gesetzt wurden und das fast immer zu nutzen wussten. Der Rückraum mit Tobi, Julian, Mikkel, Kjell, Ilja, Felix und Haakon, die alle das Tor machen wollen und können, aber immer bereit sind (und sein werden) den Ball zum besser positionierten Spieler zu spielen. Die Kreisläufer mit Nils, Bennett und Noah, die vorne noch zu wenig gefunden werden (auch das wird!), aber hinten bereits Schlüsselspieler sind oder werden. Die Torhüter mit Paul, Fabi, Ole (und Leon, der hoffentlich bald wieder fit sein wird), die einfach ein richtig geiles Team sind, sich für den anderen freuen und ein starker Rückhalt waren und sein werden.
Die Jungs haben bei den Heimspielen begeistert – mit Teamgeist und Teamhandball. Und konnten viel Eigenwerbung für die nächste Saison betreiben. Für die Verbandsliga und die wird stark sein! Mit Gegnern wie der Reserve von Burgdorf und Braunschweig, mit Hildesheim, Schaumburg, Garbsen (da war was!), dem HSC oder Stöckheim oder beide. „Projekt Oberliga“ ist nicht „gefailed“, Ziele müssen halt immer wieder neu adaptiert werden und „Projekt Verbandsliga“ ist schon längst in der Planungsphase.
To be continued.